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Was nicht in der Bibel steht - und warum

Romane wie "Sakrileg" oder "Skriptum", "Das Jesus-Fragment" oder "Maria Magdalena. Die Geliebte des Herrn" spielen alle mit demselben Stoff: Mit Geschichten, die nicht in der Bibel stehen. Das sind ideale Quellen für Bestseller - nicht erst heute, sondern schon vor und zur Entstehungszeit des Neuen Testaments.

Unter Juden haben z. B. Apokalypsen begeisterten Zuspruch gefunden; eine einzige - das Danielbuch - wurde Teil der Bibel. Auf christlicher Seite sind u. a. viele Evangelien entstanden, aber nur vier stehen in der Bibel. Obwohl die anderen uralte Legenden enthalten, z. B. die gesamte Familiengeschichte der Mutter Jesu, wurden sie im langen Ringen, was Wort Gottes sei und was nicht, aussortiert. Dieser Klärungsprozess fand in der jüdischen Gemeinde wie in der jungen Kirche ab dem 2. Jahrhundert statt und war überlebenswichtig: Beide brauchten klare Orientierung über die Fundamente und die Grenzen des Glaubens.

Der Kirche gilt als Heilige Schrift zuerst die Bibel Jesu. Ihr fügt sie eigene Schriften an. Das erste Zeugnis dafür ist eine der jüngsten biblischen Schriften, der 2. Petrusbrief. Er stellt Briefe des Paulus gleichrangig neben die Schriften der jüdischen Bibel und wertet sie damit als "inspiriert". Paulus berichtet allerdings kaum etwas von Jesu Worten und Taten. Andere erzählen die Jesusgesschichte mündlich weiter, bis Markus als Erster eine Darstellung des Lebens und Wirkens Jesu verfasst. Nach ihm erzählen Matthäus, Lukas und Johannes die Geschichte für ihre Gemeinden neu. Sie tun es, weil jedes Erzählen auswählen und Schwerpunkte setzen muss. Das Johannesevangeluim sagt das ausdrücklich:"Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind..." (Joh 20,30).

Das in den Evangelien von Jesus Erzählte wird schon früh als zu knapp und zu nüchtern empfunden. Diese "Lücke" füllen u. a. das Thomasevangelium, die Pilatusakten (auch Nikodemusevangelium genannt), das Protoevangelium des Jakobus und das jüngst als Sensation angepriesene Judasevangelium. Letzteres zählt nur 13 Seiten. Als Dialog zwischen Jesus und Judas gestaltet, deutet es Judas nur positiv: Er sei der treueste Jünger Jesu gewesen und habe ihn auf dessen eigenen Wunsch verraten. Ihm verheißt Jesus: Du wirst sie alle übertreffen, denn du wirst den Menschen opfern, der mich kleidet." Das zeigt, wie sehr dieser Text im gnostischen Denken verhaftet bleibt: Jesus ist nicht wahrer Mensch, er hat sich nur als Mensch verkleidet.

Das Thomasevangelium erzählt eine Fülle frommer Geschichten aus der Kindheit Jesu. Da formt der Jesusknabe im Sandkasten zwölf Vögelchen - und lässt sie fliegen! In Legenden ist das ein "Beweis" der göttlichen Wunderkraft, nach dem Verständnis der frühen Kirche verdunkelt solches Erzählen das Verständnis Jesu. Nicht Zirkusnummern, sondern Zeichen für die nahe und heilende Kraft Gottes hat er geschenkt.

Auch andere Geschichten, und seien sie so spannend wie "Sakrileg", treffen nicht den Kern der Botschaft Jesu, sie weichen seiner tatsächlichen Provokation - dem Kreuz - aus und suchen das "wahre Leben" in menschlich leichter vorstellbaren Dimensionen, in einem zeitlich befristeten "Davongekommensein" Jesu (mit oder ohne Maria Magdalena). Die Bibel dagegen hält an der eigentlichen Zumutung und Sensation der Geschichte Jesu fest: Der Mensch Jesus von Nazaret hat sich im Leben und im Sterben als der verheißene Christus erwiesen. Auf ihn ist Verlass - im Leben und im Tod

Hans Brunner
(aus: Image 03/07)